by Stefanie Fünfrocken
Eines Tages beschlossen die Liebe, der Frieden und die Freiheit getrennte Wege zu gehen. Auf der Welt fehlt soviel Liebe, Freiheit und Frieden, also dachten sie sich, wenn wir uns trennen können wir bestimmt mehr erreichen. Jeder von uns, kann für sich an einem Ort Gutes tun, anstatt dass wir zusammen an einem Ort wirken.
Die Liebe machte sich auf, um die kleine Jennifer zu besuchen. Vom lieben Gott wusste sie, dass das kleine Mädchen nachts oft weinte, weil niemand es lieb hatte.
Als die Liebe ins Haus der kleinen Jennifer trat, schallte ihr ein Höllenlärm entgegen.
Der Vater stand in der Küche und brüllte herum
Er war stark angetrunken und konnte sich kaum auf den Beinen halten, hatte aber noch genug Kraft um Gläser auf den Küchenboden zu werfen.
Er war so betrunken, dass die Liebe seine Worte gar nicht verstehen konnte. Die Mutter saß am Tisch. Sie zitterte leicht und weinte leise vor sich hin.
Das kleine Mädchen lag in seinem Bett und hatte sich die Bettdecke fest über den Kopf gezogen, sodass es den lärmenden Vater nicht mehr hören musste.
"Ach", dachte die Liebe, "hätte ich jetzt nur den Frieden bei mir, damit es hier ruhig wäre. So vermag ich mit meiner Kraft niemanden zu erreichen. Oder wenn doch wenigstens die Freiheit da wäre und mir helfen könnte. Zusammen könnten wir die Mutter bestimmt dazu bewegen, mit dem kleinen Mädchen in ein Frauenhaus zu gehen."
Die Liebe stellte sich hinter die Frau, streichelte ihr sanft über den Rücken. Für einen kurzen Moment hörte die Frau auf zu schluchzen, fing dann aber noch heftiger an zu weinen.
Bei dem kleinen Mädchen konnte die Liebe auch nichts ausrichten. Sie versuchte das Mädchen in den Schlaf zu singen, aber das Mädchen war so verängstigt, dass es die Bettdecke nur noch fester über seinen Kopf zog.
Da wurde die Liebe ganz traurig. Sie erkannte, dass ihre Kraft nur dort fruchtbar war, wo ein Boden aus Freiheit und Frieden bereitet war.
Dem Frieden ging es auch nicht viel besser. Er hat sich auf den Weg gemacht, um ein Krisengebiet zu besuchen und Frieden unter die verfeindeten Völker zu bringen. Schon seit vielen Jahren gab es immer wieder erbitterte Kämpfe in der Grenzregion.
Auch als der Frieden dort eintraf, war wieder ein Kampf in vollem Gange.
Auf beiden Seiten der Grenze lagen Soldaten in den Schützengräben, fest entschlossen ihr Vaterland mit Waffen zu verteidigen. Die Soldaten auf der einen Seite kämpften um das Gebiet zu besetzen, um es zurück zu bekommen, weil es vor ewigen Zeiten einmal zu ihrem Land gehörte.
Auf der anderen Seite kämpfte man um Freiheit, man wollte nicht besiegt werden um danach, als eine unterdrückte Minderheit, einem anderen Staat zuzugehören.
Der Frieden stand an der Grenze und überlegte was er tun könnte. "Ja, wenn jetzt doch nur die Liebe und die Freiheit da wären! Zusammen könnten wir die Völker an einen Tisch bringen und eine Einigung finden. Aber so, bin ich völlig machtlos! In einer Umgebung, in der keine Freiheit und keine Liebe herrscht kann ich niemals Frieden verbreiten."
Die Freiheit hat es sich zum Ziel gesetzt, Sklaven zu befreien.
Ganze Familien, mitsamt ihren Kindern, arbeiteten für reiche Leute. Rund um die Uhr mussten sie für ihre Dienstherren verfügbar sein. Sie bekamen weder Lohn, noch eine menschenwürdige Unterkunft für ihre Arbeit.
Die Sklaven wirkten ausgemergelt, müde und freudlos. Die Dienstherren dagegen strotzten vor Kraft und Selbstgefälligkeit, aber kein Hauch von Menschenliebe konnte die Freiheit erkennen.
Friedvoll war die Atmosphäre auch nicht. Die Freiheit beobachtete wie ein reicher Gutsherr einen müden Sklaven mit Tritten zur Weiterarbeit bewegen wollte.
"Wie soll ich den Sklaven Freiheit bringen, ohne die Liebe und den Frieden?" fragte sich die Freiheit. "Ohne einen Funken Liebe, werden die reichen Leute niemals ein Einsehen mit den Sklaven haben. Und ohne jemals die Freiheit gekannt zu haben, werden die Sklaven niemals wagen sich gegen die reichen Leute zu widersetzen. Freiheit kann nur dort existieren, wo es auch Frieden und Liebe gibt."
Kurze Zeit später trafen sich die Liebe, die Freiheit und der Frieden wieder und berichteten über ihre Erfahrungen. Sie haben erkannt, dass sie alleine nichts ausrichten können. Und so haben sie beschlossen, für immer zusammen zu bleiben. Sie wissen, dass sie die Welt nicht verbessern können, dort wo Neid und Hass regieren, sind sie auch zusammen oft machtlos. Aber hier und da können sie etwas bewirken, und für einige Menschen die Welt schöner gestalten. Geschichte und Zeichnungn von Stefanie Fünfrocken
© Stefanie Fünfrocken